Du dachtest, du hättest es geschafft, und die emotionale Covid Achterbahn mit all ihren Unsicherheiten erfolgreich bewältigt. Bis dir dein Boss deine neuen Jahresbudgets präsentiert. Und da fängt der Druck auf dich erst so richtig an: Um die Verluste auszugleichen, wird jetzt überall der Rotstift angesetzt. Ergebnis: Stress pur. Du machst dir Sorgen, weil du nicht weißt, wie du das Ganze schaffen sollst. Du wälzt dich im Bett und kannst nicht schlafen. Du bist im Strudel ununterbrochenen Grübelns gefangen. Du hast Herzklopfen, wenn du nach dem Wochenende wieder ins Büro musst. Kennst du das Gefühl? Was passiert in deinem Körper? Und was kannst du dagegen tun?
Zunächst einmal die Frage: Was ist Stress?
Es ist ein Zustand der Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt. Denn der Mensch reagiert körperlich und psychisch auf eine für nicht bewältigbar empfundene Situation.
Wie entsteht Stress?
Das Stressempfinden ist individuell unterschiedlich, da es von der subjektiven Bewertung einer Situation abhängt. Stressauslöser nennt man Stressoren: Externe Stressoren sind zum Beispiel Lärm, Zeitdruck, Arbeitszeiten etc. Dagegen sind interne Stressoren in uns selbst verankert, wie zum Beispiel ein Streben nach Perfektionismus.
Was passiert bei Stress in deinem Körper?
In deinem Gehirn, genauer im limbischen System, wo deine Gefühle beheimatet sind, sitzt die Amygdala, mit anderen Worten das Zentrum von Angst und Wut. Ihr Sinn ist, bei einem äußeren Reiz, den sie als Gefahr interpretiert, sekundenschnell den Menschen auf Flucht oder Kampf zu programmieren, indem die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin sowie Cortisol gebildet werden, die dich perfekt auf eine Extremsituation wie einen Kampf vorbereiten sollen. Sie machen dich wach, konzentriert und leistungsfähig. Es steigt zum Beispiel dein Puls und die Herzfrequenz wird erhöht. Überdies schaltet das Gehirn auf Gefahrenmodus und das bewusste Denken wird teilweise blockiert. Schließlich werden alle nicht unmittelbar nötigen Körperfunktionen heruntergefahren. Der Körper ist in Alarmbereitschaft. Dieses System rührt von Zeiten her, in denen es hauptsächlich um Kampf oder Flucht zur Lebensrettung ging. Mit der darauffolgenden Bewegung wurden dann auch wieder die Stresshormone abgebaut.
Heute hat sich unser Leben gewandelt. Die Amygdala springt eher wegen Überforderung an, also wenn Gefahr besteht, dass du scheiterst oder sozial nicht anerkannt wirst. Überdies springt dieses Angstsystem auch bei unterbewussten Reizen an. Das kann sogar eine Konditionierung sein, die aus der Kindheit stammt, z.B. wenn du nicht gemacht hast, was dir deine Eltern angeschafft haben, und es daher Liebesentzug gab. Das große Problem ist, dass die Stressoren heute vielfach über einen längeren Zeitraum vorhanden sind, was für deine Gesundheit nicht förderlich ist: Wenngleich kurzfristig Stress die Leistungsfähigkeit steigert, ist er langfristig sehr schädlich.
Stress-Symptome: Wie erkennt man Stress?
Stress hat individuell viele unterschiedliche Ausprägungen, welche du an den folgenden Symptomen erkennst:
- Anspannung
- Nervosität und Angst
- Unkonzentriertheit
- Reizbarkeit
- Übertriebenen Reaktionen und Aggressivität
- Schlafstörungen
- Verspannungen
- Rückenschmerzen
- Verdauungsprobleme
- Kopfschmerzen
- Herzrasen und gestiegener Blutdruck
- Zähneknirschen
- Gesteigerter Konsum von Alkohol, Kaffee und Nikotin
Wie du Stress im Körper messen kannst erfährst du in unserem Artikel Selbsttests. Einfach hier klicken!
Was kann Stress im Körper auslösen?
Langfristig führt Stress zu verschiedensten Krankheiten, die durch die ständig erhöhten Stresshormone hervorgerufen werden: Der erhöhte Cortisol-Spiegel aktiviert zwar kurzfristig das Immunsystem, bewirkt aber langfristig, dass der Körper an Immunkraft verliert. Der Körper wird anfällig für Infektionskrankheiten (u.a. Lippenherpes, Gürtelrose, Grippe, …). Cortisol ist ein Hormon, das in der Nebennierenrinde gebildet wird. Seine Produktion wird durch das Hormon ACTH in der Hypophyse angeregt. Der Bluthochdruck beschädigt die Gefäßwände: Dadurch steigt das Infarktrisiko . Stress erhöht auch den Cholesterinspiegel, was wiederum für das Herz schädlich ist.
Außerdem führt er zu einer Entzündungsreaktion im Körper: Was kurzfristig gut ist, um eine Verletzung zu heilen, kann langfristig Herz-Kreislauferkrankungen auslösen. All das sind Risikofaktoren für Herzinfarkt, Schlaganfall, Übergewicht und Diabetes. Stille Entzündungen werden auch mit Krebs in Verbindung gebracht.
Indem der präfrontale Cortex im Gehirn (zuständig für logisches Denken) gehemmt wird, kommt es zur Einbuße kognitiver Fähigkeiten, das Gehirn altert in der Folge schneller. Cortisol hemmt die Testosteron-Ausschüttung, dadurch sinkt die Libido, und der Menstruationszyklus wird gestört.
Psychische Folgen sind Depression, Burnout und Angststörungen. Wir altern schneller, da die Telomere durch Stress schneller verkürzt werden. Telomere sind die Schutzklappen an den Enden der Chromosomen, die bei jeder Zellteilung kürzer werden. Denn werden sie zu kurz, hören die Zellen auf, sich zu teilen und zu erneuern.
Wie wirkt sich Stress auf den Darm aus?
Noradrenalin, das durch Stress vermehrt ausgeschüttet wird, verengt die Blutgefäße. Durch die schlechte Durchblutung können sich Erreger in den Verdauungsorganen vermehren und es kann zu Geschwüren kommen. Außerdem bilden sich Entzündungen in der Darmschleimhaut, die diese durchlässiger für den Körper schädigende Stoffe macht.
Hautausschlag durch Stress
Durch die Schwächung des Immunsystems, können Bakterien, Pilze und Viren in die Haut leichter eindringen. Hautausschläge und Entzündungen sind die Folge. Auf Grund der Durchblutungsstörung werden außerdem die Nährstoffe in der Haut nicht mehr ausreichend verteilt. Das wichtigste über die Haut erfährst du hier!
Wie kann man Stress abbauen?
Kurzfristig und akut helfen auf jeden Fall Atemübungen: Denn Stress führt durch eine Aktivierung des Sympathikus (des vegetativen – nicht willentlich beeinflussbaren – Nervensystems) zur Leistungssteigerung in Vorbereitung auf Angriff oder Flucht. Sein Gegenspieler der Parasympathikus führt zur Entspannung. Dieser springt beim Ausatmen an. Während der Ausatmung verlangsamt sich der Herzschlag. Somit basieren die meisten Übungen auf einem tiefen Einatmen, Atem anhalten und dann einem langsamen Ausatmen.
Eine einfache Atemübung!
Ganz wichtig ist es, dass es nach einer Anspannung Entspannung gibt. Deswegen unbedingt mehrmals am Tag Pausen machen, damit der Körper die Stresshormone abbauen kann. Auf jeden Fall in den Pausen einen kompletten Cut machen und alle Stressoren ausschalten. In Bezug auf Stressoren gibt es verschiedene Bewältigungsstrategien – auch Coping genannt, um mit ihnen besser umzugehen:
Beim problemorientierten Coping versuchst du das Problem zu bewältigen, indem du versuchst, es zu lösen oder indem du ihm einfach aus dem Weg gehst.
Dagegen versuchst du beim emotionsorientierten Coping durch positives Denken deine negativen Emotionen zu überwinden.
Wohingegen du beim bewertungsorientierten Coping die Situation neu bewertest: nicht mehr als Belastung, sondern als Herausforderung, die du bewältigen kannst.
Coping Strategien
Wie entspannen bei Stress?
Bewährt hat sich auch eine Übung, die körperliche Anspannung mit Entspannung kombiniert: die progressive Muskelentspannung nach Jacobsen. Dabei werden die einzelnen Muskeln des Körpers hintereinander angespannt und dann lockergelassen. Das hilft, Atmung und Herzschlag zu beruhigen.
Wie funktioniert die progressive Muskelentspannung?
Sport – Warum hilft Bewegung gegen Stress?
Da Stressreaktionen eigentlich der Bereitstellung von Energie dienen, können wir Stresshormone wieder abbauen, indem wir diese Energie gezielt durch Sport und Bewegung entladen. Denn nach dem Training ist der Körper ausgepowert und kann sich so schön entspannen.
Außerdem werden die Stresshormone durch stressabbauende Hormone wie Endorphin und Serotonin neutralisiert. Während des Sports bist du von deinen Problemen abgelenkt, weil du dich auf die Übung konzentrieren musst.
Mindestens jeden zweiten Tag solltest du 30-60 Minuten laufen. Der durch Sport aktivierte Stoffwechsel macht dich dann langfristig sogar resistenter gegen Stress. Denn regelmäßiges Laufen erweitert die Gefäße und dadurch sinkt der Blutdruck. Blutzucker, Blutfette und der Stresshormonpegel sinken. Falls Joggen dich überfordert, zügiges Walken oder Radfahren gehen auch, alle Ausdauersportarten sind geeignet. Noch mehr zum Thema Bewegung findest du hier!
Natürliche Mittel gegen Stress
Johanniskraut, Baldrian, Kamille, Melisse, Hopfen, Passionsblumenkraut, Lavendel und Rosenwurz besitzen entspannende und beruhigende Wirkungen. Um eine Wirkung zu erreichen, sollten die Mittel längere Zeit eingenommen werden. Hier findest du Pflanzenmittel gegen Stress.
Was kann ich noch gegen Stress machen?
Achtsamkeit
Achtsamkeit trainieren: Gedanken auf das „Jetzt“ zu konzentrieren, statt es nebenbei ablaufen zu lassen. Das Prinzip dahinter: eine nicht wertende, entspannte, offene Aufmerksamkeit und Wahrnehmung. Erfahrungen werden wertfrei registriert. Es soll dir die Vergänglichkeit von Gefühlen und Gedanken bewusst werden, und du sollst Gefühle distanziert betrachten. Dadurch findest du Abstand von der negativen Emotion. Somit werden die Bewertungsmuster im Kopf, die bestimmte Automatismen erzeugen, einfach außer Kraft gesetzt.
Auf Achtsamkeit basierte Stressreduktion
Ein Programm für Achtsamkeitstraining nennt sich MBSR (mindfulness-based-stress reduction oder achtsamkeitsbasierte Stressreduktion), das in den späten 70er Jahren von Jon Kabat Zinn in den USA entwickelt wurde. Es findet normalerweise in 8 Sitzungen statt und beinhaltet unter anderem verschiedene Meditationstechniken mit dem Ziel, den Körper wahrzunehmen und Gedanken und Gefühle ohne Bewertung zu beobachten. Dadurch schaffst du dir eine gelassene Entspannung. Hier gehts zur Website.
Yoga
Yoga ist eine Technik, die vor über zweitausend Jahren in Indien entwickelt wurde, und sie hilft, Körper, Geist und Seele ins Gleichgewicht zu bringen. Mit Hilfe von bewusster Anspannung der Muskeln inklusive Atemübungen entspannen Körper und Geist. Durch die Konzentration auf den eigenen Körper werden Probleme relativiert.
Meditation
Ist ein mentales Training, das für Ruhe und Gelassenheit sorgt. Denn Hirnforscher haben nachgewiesen: Meditation kann langfristig die Aktivität in Gehirnbereichen verändern, die Emotionen, Konzentrationsfähigkeit und das körperliche Empfinden regulieren. Nach ca. 25 Stunden Meditation sind die ersten Veränderungen im Gehirn messbar. Außerdem wird das Stresshormon Cortisol gesenkt, der Blutdruck verringert, der Cholesterinspiegel niedriger, und die Substanz der Amygdala (Angstzentrum) nimmt ab. Mehr über Meditation erfahren: hier klicken!
Autogenes Training
Mentale Entspannungstechnik: bei dieser leichten Form der Selbsthypnose wird der Körper auf Erholung umgeschaltet, das vegetative Nervensystem wird positiv beeinflusst: Herzschlag, Blutdruck und Atmung können gezielt beeinflusst werden.
Wie vermeide ich Stress?
Eine wichtige Rolle spielt die Einstellung: Probleme sollen als Herausforderung, aber nicht als Bedrohung gesehen werden. Als Training helfen Mastery Aktivitäten in der Freizeit: Mastery sind anspruchsvolle Hobbys, die du „meisterst“, denn sie bieten Lernmöglichkeiten und Herausforderungen in nicht arbeitsbezogenen Lebensbereichen. Beispiele sind Sprachkurse, Bergsteigen, das Erlernen eines neuen Hobbys. Sie erfordern ein gewisses Maß an Anstrengung und helfen dadurch, Selbstvertrauen und neue Kompetenzen aufzubauen, sowie Ressourcen zu mobilisieren. Damit erhöhen sie die Leistungsfähigkeit bei der Arbeit, denn sie sind eine Art Training für Stress.
Was kann ich noch gegen psychischen Stress tun?
Das Zauberwort heißt Resilienz: Du kannst dir Widerstandskraft antrainieren, indem du bestimmte Sichtweisen änderst. Dazu musst du wissen, welche Reize in dir Angst auslösen, weil Sie deinem Wertesystem zuwiderlaufen. Denn bestimmte Gedanken bewirken ein Gefühl und ein Verhalten. Du kannst dieses Reiz-Reaktionsschema durchbrechen, indem du deinen präfrontalen Kortex trainierst und das Gehirn veränderst. Dann werden neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen im Gehirn aufgebaut.
Glaubenssätze, also tief verankerte Überzeugungen wie z.B. Ich bin ungeschickt oder ich bin Optimist, beeinflussen die Bewertung von Stressoren, also verstärken sie oder schwächen sie ab. Wenn du deine Glaubenssätze kennst, kannst du sie verändern, sodass der Einfluss von Stressoren gemildert wird.
Bestimmte Faktoren fördern Resilienz. Dazu gehören Optimismus, positive Selbstwahrnehmung, Glaube an Selbstwirksamkeit, Akzeptanz von Veränderungen, Flexibilität oder sozialer Rückhalt. Eine kognitive Verhaltenstherapie kann dir helfen, herauszufinden, wie und warum du auf bestimmte Situationen mit negativem Stress reagierst. Anschließend kannst du neue konstruktive Verhaltensmuster gegen Stress einüben.